Justiz will gegen gekaufte Zeugenaussagen und „professionelle Zeugen“ vorgehen sowie ihre Entdeckung verbessern.
Rabat – Es ist tatsächlich ein Problem, das eine relevante Zahl an Gerichtsverfahren, sowohl im Strafrecht wie auch bei Zivilverfahren betrifft. Die sog. Zeugenbestechung ist kein neues Phänomen. Darum geht es aber, bei den neuen Strukturen des marokkanischen Justizministeriums nicht in erster Linie.
Immer wieder scheinen sich Klageparteien oder Beschuldigte Zeugen heranzuschaffen, um das Verfahren zum eigenen Vorteil zu beeinflussen. Tatsächlich gibt es in Marokko Personen, die sich gegen eine Zahlung als Zeugen anbieten und dies defacto als Beruf betreiben bzw. professionelle Leistung anbieten, ohne direkt in einem Fall involviert zu sein.
Um das Übel der „Berufszeugen“ in den Gerichten zu bekämpfen, hat das Justizministerium einen neuen Dienst für die nationalen Strafgerichte eingeführt.
Dieses von der Direktion für Modernisierung und Informationssysteme des Justizministeriums entwickelte Tool ist in diesen Tagen für alle Strafgerichte des Königreichs zugänglich. Es ermöglicht die „Bekämpfung eines echten Übels, unter dem die Gerichte und die Richter leiden, die nicht über die Mittel verfügen, die Glaubwürdigkeit eines Zeugen zu beurteilen“. Es handelt sich um ein Instrument, das für „Transparenz“ sorgt, so Samia Chakri, Direktorin für Modernisierung und Informationssysteme im Justizministerium.
Die Glaubwürdigkeit von Zeugen beeinflusst Gerichtsverfahren.
Samia Chakri, die gegenüber dem Nachrichtenportal Médias24 das neue Vorgehen erläuterte, beschreibt das neue Instrument: „Jede Akte, die beim Gericht landet, enthält die Namen der Zeugen, wenn es Zeugenaussagen gibt. Das Kanzleisekretariat muss nur den Vor- und Nachnamen oder die Nummer des nationalen Personalausweises des Zeugen eingeben, um die Anzahl der Akten abzurufen, in denen er Zeugenaussagen gemacht hat. Und das auf nationaler Ebene“.
Laut Frau Chakri handelt es sich dabei, um „eine wichtige Information für die Justiz, die es ermöglicht, festzustellen, ob der Zeuge glaubwürdig ist oder nicht. Eine Information, die der Magistrat berücksichtigt und auf die sich die Staatsanwaltschaft stützen kann, um Ermittlungen einzuleiten“. (…) „Wenn man feststellt, dass eine Person in vierzig verschiedenen Fällen ausgesagt hat, versteht man, dass sie dies zu ihrem Beruf gemacht hat, was ihre Aussage gegen eine potenziell unschuldige Person unglaubwürdig macht. Dieser Zeuge kann daher strafrechtlich verfolgt und bestraft werden“, betont sie.
Falschaussagen können mit Haft von 5 bis 10 Jahren, bei Gegenleistung bis zu 20 Jahre bestraft werden.
Das marokkanische Strafgesetzbuch definiert Falschaussage als „die absichtliche Veränderung der Wahrheit, die geeignet ist, die Justiz zugunsten oder zum Nachteil einer der Parteien zu täuschen, und die unter Eid von einem Zeugen im Laufe eines Straf-, Zivil- oder Verwaltungsverfahrens in einer unwiderruflich gewordenen Aussage gemacht wird“. Es sieht in seinen Artikeln 369 ff. auch Strafen vor, die bis zu einer Zuchthausstrafe von fünf bis zehn Jahren reichen können, wenn es in Strafsachen zu einer Falschaussage gegen den Angeklagten oder zu seinen Gunsten kommt.
„Wenn der falsche Zeuge Geld, irgendeine Belohnung oder Versprechungen erhalten hat, ist die Strafe Zuchthaus von zehn bis zwanzig Jahren. Im Falle einer Verurteilung des Angeklagten zu einer höheren als der genannten Zuchthausstrafe droht dem falschen Zeugen, der gegen ihn ausgesagt hat, die gleiche Strafe“, heißt es in Artikel 369 des Strafgesetzbuchs.