StartGesellschaftMarokko – Medikamentenmangel wird spürbar u. erschwert Patientenversorgung

Marokko – Medikamentenmangel wird spürbar u. erschwert Patientenversorgung

Gesundheitsministerium arbeitet an neuen Konzepten.

Patienten und Apotheken beklagen knappe Medikamentenbestände für u.a. Herzerkrankungen, hormonelle Verhütungsmittel oder Grippeimpfstoffen

Rabat – Weltweit werden teils weit verbreitete und wichtige Medikamente knapp. Vor allem Medikamente für chronisch Kranke und günstige Produkte werden knapp und sind unter Umstände schwer zu bekommen. Hintergrund sind gestörte Lieferketten, gestiegene Rohstoffpreise und Vertriebsumstellungen der Pharmakonzerne, die z.B. vorranging zahlungskräftige Märkte bedienen.

Der Mangel an Alternativen zu fehlenden Produkten und die Notwendigkeit, nicht mehr auf günstige, sondern nur auf teurere Produkte zurückgreifen zu können, beunruhigt die Patientinnen und Patienten. Das marokkanische Gesundheitsministerium arbeitet nach eigenen Angaben derzeit an einem nationalen Strategieplan für die Bevorratung.

Der Arzneimittelmarkt sei wegen des Mangels an verschiedenen Produkten in Apotheken und Krankenhäusern gestört. Das Gesundheitsministerium möchte eher von einer Unterbrechung als von einem Engpass sprechen. „Es handelt sich, um eine vorübergehende Unterbrechung der Medikamentenversorgung und nicht um einen Engpass, da die Vorräte inzwischen wieder aufgefüllt wurden.

Versorgung von Patienten kann nicht immer sichergestellt werden.

Diese Situation führe dazu, dass bestimmte Krankheiten nicht mehr behandelt würden, weil es keine therapeutischen Alternativen zu den fehlenden Produkten gebe, wird ein Apotheker in Casablanca vom Magazin Lavie Eco zitiert.

In den letzten Wochen fehlten den Apotheken z.B. Levothyrox, bestimmte Herzmedikamente, hormonelle Verhütungsmittel wie Minidril oder Microgynon, Mittel gegen Erkältungen und Halsentzündungen sowie Grippeimpfstoffe. Die Liste sei noch länger, aber v. a. handele es sich um Arzneimittel, zu denen die Patientinnen und Patienten regelmäßig Zugang haben müssen und die nicht ersetzt werden könnten.

Der Grund für diese vorübergehenden „Engpässe“ liege auch im Verhalten einiger Patientinnen und Patienten, die gleich mehrere Packungen kaufen, wenn die Apotheken einen größeren Vorrat haben, um einen Sicherheitsbestand für mögliche künftige Versorgungsprobleme anzulegen.

Darüber hinaus spielen auch der Anstieg der Preise für Arzneimittelrohstoffe bzw. die Umstrukturierung der Produktionsketten im Labor eine Rolle. Dies gelte z. B. für das Medikament Doliprane, das in mehreren Ländern, darunter Marokko, seit einiger Zeit aus den Apotheken verschwunden sei. Der Grund dafür sei, dass die Pharmaunternehmen Sanofi (Marke Doliprane) und Upsa (Marke Efferalgan) die Produktion nach Europa verlagern. Dies wurde im Jahr 2020 beschlossen, nachdem die Bedeutung des Moleküls (in diesem Fall Paracetamol) während der Gesundheitskrise und im Kampf gegen COVID-19 Erkrankungen deutlich wurde, berichtet Lavie Eco weiter.

Eine Weile lang hat es nach marokkanischen Medienberichten auch keinen Grippeimpfstoff gegeben. „Heute ist er verfügbar, aber in unzureichenden Mengen. Es stehen 200.000 Einheiten zur Verfügung, was nicht ausreicht, um vorrangige und gefährdete Gruppen zu impfen”, so der Apotheker in Casablanca weiter. Es muss darauf hingewiesen werden, dass die Zahl der Fälle von saisonaler Grippe im Herbst und zum Winteranfang meist besonders schnell ansteigt. Doch das neue Verfahren für die Verschreibung dieses Impfstoffs und die Erhöhung dessen Preises von 75 marokkanische Dirham MAD auf 125 MAD haben die Nachfrage bei den Bürgerinnen und Bürger zurückgehen lassen.

Heute haben die Entscheidungen des Ministeriums, insbesondere die Preissenkungen oder die Aussetzung des Substitutionsrechts für Apotheker, deutliche Auswirkungen auf die regelmäßige Versorgung des Marktes. Die Apotheker fordern ihrerseits eine Änderung der geltenden Gesetzgebung, um die Bevorratung von zwei auf sechs Monate auszuweiten.

Gesundheitsministerium arbeitet an neuen Konzepten.

Das Gesundheitsministerium arbeite z. Zt. nach eigenen Angaben an der Umsetzung eines nationalen Plans zur Behebung des Mangels an Medikamenten bzw. Gesundheitsprodukten. Minister Khalid Ait Taleb erklärte am 21. November 2022 vor dem Parlament, dass sein Ministerium strategische Vorräte anlegen wolle. Außerdem möchte er ggf. die Verwendung von Generika vorantreiben, wie es v. a. in vielen europäischen Ländern der Fall sei.

Das nordafrikanische Königreich arbeitet derzeit am Aufbau eigener Produktionskapazitäten für Medikamente, zunächst vor allem für Impfstoffe und für Medikamente auf Cannabis-Basis. Derzeit werden Medikamente vor allem in China und in Indien produziert, was während der COVID-19 Pandemie zu Versorgungsproblemen weltweit geführt hatte.
Zahlreiche Länder prüfen oder arbeiten an eigenen Produktionsmöglichkeiten.

Auch Marokko startete während der COVID-19 Pandemie mit großer Dynamik die Produktion von Medizinprodukten. So wurde eine eigene Maskenproduktion und Herstellungslinien für Schutzkleidung eingeführt. Auch andere Produkte für den afrikanischen Markt wurden medienwirksam vorgestellt, darunter ein eigener COVID-19 Schnelltest, ein Krankenhausbett und sogar ein einfaches Beatmungsgerät. Von diesen Produkten hat man aber schon seit Längerem nichts mehr gehört.

Marokko – Grundsteinlegung für einen Pharmaindustriellen Komplex in Benslimane.

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