Geht das politische Aufräumen in Marokko weiter?

Es geht um Misswirtschaft, Vorteilnahme, Unterschlagung.

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Spekulationen über weitere Entlassungen von Spitzenbeamten und Politikern.

Rabat – In den letzten Wochen hat es zwei große Entlassungswellen innerhalb des öffentlichen Dienstes und der Regierung in Marokko gegeben. In zwei relativ kurz aufeinander folgende Wellen, hat die Regierung, auf Geheiß von König Mohammed VI., Minister, Staatssekretäre, Regionalpräsidenten und hohe Beamte entlassen bzw. von ihren Posten enthoben. Nun spekulieren die Öffentlichkeit und die politische Elite, ob das schon alles war, oder noch weitere Entlassungen drohen. In Marokko wird von einem politischen Erdbeben gesprochen. So wie es König Mohammed VI. in seiner Rede vor dem Parlament angekündigt hatte.

Politiker der größten Oppositionspartei PAM soll ganz oben auf der neuen Liste stehen.

Nach Informationen der Tageszeitung Assabah drohen der politischen Elite weitere Entlassungswellen. Nach Angaben von Assabah stehen dieses Mal Beamte und Politiker vorrangig auf der Liste, die Mitglieder der PAM (Partei für Authentizität und Modernität) sind. Anders als bei der ersten Welle, bei der Minister und Staatssekretäre gehen mussten – maghreb-post berichtete, aber es keine juristische oder disziplinarische Aufarbeitung gab, soll es dieses Mal anders laufen. So drohen über 80 Personen, die schon bei der zweiten Welle dabei waren, mindesten Disziplinarverfahren – maghreb-post berichtete. Bei einer möglichen dritten Entlassungswelle soll es auch juristische Folgen geben. Demnach hat der Innenminister Laftif und König Mohammed VI. die Zeit genutzt, um gegen die im Verdacht stehenden Amtsträger und Politiker zu ermitteln und Gerichtsverfahren vorzubereiten. Es ist nicht klar, ob die Anklagen ausreichen, sodass es sogar Verhaftungen geben wird.

Es geht um Misswirtschaft, Vorteilnahme, Unterschlagung.

Die dritte Welle wird nochmals hochrangige Beamte und Politiker betreffen.  Darunter sicherlich Regionalpräsidenten und Bürgermeister, gegen die wegen Misswirtschaft, Vorteilnahme, Machtmissbrauch und in einigen Fällen Unterschlagung ermittelt wird. Die Amtsträger müssen bei der Schwere der Anschuldigungen mit Gerichtsverfahren rechnen. Schon seit längerem steht der Regionalpräsident der Region Tanger – Tetouane – Al-Hoceima in der Kritik. Ilyas El Omari, der auch Parteivorsitzender der PAM ist, wünschen sich gerade die Menschen aus Al Hoceima sicherlich gerne auf der Anklagebank. Doch aus Sicht von Assabah steht nicht El Omari unter Beobachtung, sondern sein Amts- und Parteikollege Brahim Moujahid. Das hochrangige PAM – Parteimitglied ist Regionalpräsident der Region Beni-Mellal Khenifra. Es soll gegen ihn Ermittlungen geben, weil er sich durch Einflussnahme auf Projektvergaben bereichert haben könnte. Gleichzeitig soll er von Projekten zur Bekämpfung der Dürrefolgen in der Region profitiert haben, in dem er rechtzeitig die vorhandenen Informationen, zum eigenen Vorteil, genutzt haben könnte. Darunter Projekte in der Nähe von Tiznit und Chichaoua.

Weitere Untersuchungen des marokkanischen Rechnungshofes in der Region Marrakech – Safi

Der marokkanische Rechnungshof untersucht, im Auftrag von König Mohammed VI., weitere Projekte und die Verhältnisse in ganz Marokko. Zurzeit prüft der Rechnungshof die Projektergebnisse in der Region Marrakech – Safi. Gerade Marrakech steht unter besonderer Beobachtung des Königs, weil es zu einem Jetset – Ort der weltweit Schönen und Reichen geworden ist. Bereits vor wenigen Wochen hatte der König angekündigt, die Projektentwicklungen in Marrakech persönlich überprüfen zu wollen, was zu heller Aufregung bei der Verwaltung in Marrakech geführt hat – maghreb-post berichtete.

König Mohammed VI. sagt der Misswirtschaft und Korruption den Kampf an.

Die aktuelle Initiative des Königs zielt darauf ab, das Land von Korruption und Unterschlagung zu befreien. Die Korruption in Marokko gilt seit Jahrzehnten als größtes Hemmnis bei der Entwicklung des Landes. Sie ist sowohl in der Wirtschaft, in der Politik und im öffentlichen Dienst weit verbreitet und gehört zum Alltag. Sie ist daher kein Geheimnis gewesen. Daher muss sich die Regierung und das Königshaus fragen lassen, ob erst durch Proteste und Unruhen in der Region Al Hoceima, die die Stabilität des Landes und die Regierungsform gefährdet haben, ein ausreichend hoher Druck entstanden ist, damit gegen Korruption vorgegangen wird. Die Situation in der Region Al Hoceima hat alle Bemühungen des Königs, die Rif – Region mit dem Königshaus zu versöhnen und zu verbinden, um Jahre zurückgeworfen. Die Rif – Region musste unter König Hassan II. eine systematischen Benachteiligung ertragen, die König Mohammed VI. versucht hat zu beenden.

Korruption ist auch ein gesellschaftliches Problem.

Die Korruption ist auch ein gesellschaftliches Problem, das den Aufbau eines wirklichen Rechtsstaats behindert. Ein Land, in dem „Recht haben“ nichts mit „Recht bekommen“ zu tun hat, wird in seiner Entwicklung stets gebremst sein. Denn wenn jeder eine realistische Chance sehen würde, berechtigte Rechtspositionen durchsetzen zu können, würde man Rechtsvorteile nicht erkaufen müssen. Dieses Problem beginnt schon bei der Beantragung von gesetzlich vorgeschriebenen Ausweispapieren. Schlimmer wird es, wenn man sogar „Recht bekommt“ ohne „Recht zu haben“, weil man sich „Recht“ einfach erkaufen kann. Dennoch sind drohende Sanktionen ein wichtiges Element bei der Bekämpfung der Korruption. Der Staat und der König achten hoffentlich dabei, dass die Hemmnisse durch Korruption nicht ersetzt werden durch Hemmnisse, die sich daraus ergeben, weil Entscheidungsträgern sich vor Gericht verantworten müssen und daher fehlen.

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